Kauen und Verdauen
Der Mensch als Ökosystem, Einblick in osteopathische Sichtweisen
Entwicklungsgeschichtlich ist der Mensch ein Raubtier. Die Zähne mussten zermalmen, um das Überleben zu sichern, daher gehören die Kaumuskeln immer noch zu den kräftigsten Muskeln, die der Mensch hat.
In der Gelenkkapsel der beiden Kiefergelenke ist ein wichtiger Hirnnerv verschaltet, der Nervus Trigeminus. Beim Kauen wird dieser über die Dehnung und Spannungsänderung der Kiefergelenke aktiviert. Ein weiterer sehr wichtiger Hirnnerv, der Nervus Vagus, wird durch den sensiblen Ast des N. Trigeminus direkt verbunden mitreguliert.
Dieser Vagusnerv reguliert unsere Verdauung.
Motorisch steuert ein Ast des Trigeminusnerv die Muskeln des Kehlkopfes, des Rachens und der Speiseröhre, also sorgt er motorisch für Schlucken, Sprache und Kauen.
Sensorisch übermittelt der Nerv die Geschmacksempfindungen des Zungengrundes.
So hängen Kauen und Verdauen direkt miteinander zusammen.
Der Mensch ist ein Ökosystem
Unter Mikrobiom verstehen wir die Gesamtheit aller (unsichtbaren) Kleinstlebewesen in einer Gemeinschaft, in einem Organismus. Im menschlichen Körper leben ungefähr 150 verschiedene Bakterienarten, die 1-2 kg unseres Körpergewichts ausmachen.
Schon die Bakterien unserer Mundflora beginnen mit der Verdauung.
Mikrobiome leben überall in unserem Körper. Sie leben von ihrer Vielfalt, Fülle und Ordnung.
Während der Mensch seit ca. 2,8 Millionen Jahren die Erde bevölkert, gibt es diese Einzeller seit ca. 1,75 Milliarden Jahren auf der seit ca 3,5 Milliarden Jahren bestehenden Erde. Die Einzeller haben im Laufe der Millionen Jahre gelernt über Oberflächenkontakt und Vernetzung zu Mehrzellern zu werden und sich zu vernetzen.
Sämtliche Bakterienstämme unseres Körpers korrespondieren untereinander. Wir brauchen sie, um lebensfähig zu sein.
Eine Mikrobiomstörung kann u.a. bei Darmerkrankungen, nach Langzeitantibiose oder Chemotherapie entstehen. Auch chemische Mittel in der Nahrung oder im Trinkwasser können die Mikrobiome stören oder verändern.
Zur Unterstützung der körpereigenen Darm-Mikrobiome werden im allgemeinen probiotische Joghurts empfohlen und Heilerde, z.B. „Luvos Heilerde“ als Granulat, das in Drogeriemärkten erhältlich ist. Das Granulat verlangsamt den Darmtransit und so kann es zu einer besseren Ausnutzung der Nahrungsstoffe in den Darmzotten kommen.
Bei einer langfristigen Einnahme nach circa 6 Wochen von 3 Beuteln Heilerde Granulat pro Tag zu den Mahlzeiten kommt es zu einer Verbesserung unseres Mikrobioms. Was dem körpereigenen Mikrobiom zu Gute kommt, kommt auch dem Mensch zu Gute.
Die Cranio Mandibuläre Dysfunktion (CMD)
Bezeichnet werden mit einer CMD strukturelle, funktionelle, biochemische und psychische Fehlregulationen der Muskel- oder Gelenkfunktion der Kiefergelenke. Grundsätzlich können viele Faktoren eine CMD verursachen. Auch Stress und Knirschen gehören zum Formenkreis.
Als wichtige funktionelle Faktoren gelten:
– Eine angeborene oder erworbene Fehlstellung der Zähne zueinander
– Kieferorthopädische Behandlungen, die die individuelle ausgeglichene Statik eines Menschen verändern können durch entstehende Inkompatibilitäten und u.a.
– Fehlkontakte, auch vermehrt durch Implantate, Kronen etc. verursacht, die den Biss nachhaltig verändern bei nicht ausreichendem Kontakt zueinander.
Zu den Funktionsprinzipien des Kiefers gehören die gute Führung der Kiefergelenke mit einer
– stabilen Kondylenposition, also Kiefergelenksposition
– einer präzisen Front- und Eckzahnführung und einer
– korrekten Position der okkludierenden also schließenden Seitenzähne
Benötigt wird eine exakte Positionierung dieser Zahnelemente.
Die Rekonstruktion in der Zahnmedizin arbeitet somit im Milimeterbereich bzw. 0,01 Milimeterbereich.
Ist dieses exakte Schlüssel-Schloss Funktionsprinzip gestört sprechen wir von einer funktionellen craniomandibulären Dysfunktion, in der das Schlüssel-Schloss Prinzip der Zahn und Kiefergelenksfunktion nicht mehr ausreichend greift.
Ein asymmetrischer Aufbiss kann über dysfunktionale Verkettungen z.B. der Schlund- und vorderen Halsmuskulatur bei der Untersuchung der Patienten häufig zu einer Verhärtung und Beschwerden im Bereich der Halswirbelsäule führen. Auch Schwindel, Kopfschmerzen und Ohrensausen können als Symptome dazu gehören.
Ebenso kann man häufig darunter liegende Dysfunktionen am Übergang von der Halswirbelsäule zur Brustwirbelsäule, Dysfunktionen im Übergang der Lendenwirbelsäule zum Kreuzdarmbeingelenk und somit zum Becken ertasten. Diese Dysfunktionen können unterschiedliche Beschwerden verursachen wie unterer Rückenschmerz, Leistenschmerz oder wie Schleimbeutelentzündungen am Hüftkopf.
Häufig haben CMD Patient*innen eine Funktionsstörung der 12. Rippe, die Bauchschmerzen verursachen kann. Ebenfalls kann es zu inneren Schmerzen im Bauchbereich der Dünndarmaufhängung kommen, was ebenfalls Bauchschmerzen macht. Der Vagusnerv, der beim Kauakt mit der Bewegung der Kiefergelenke verschaltet ist , reguliert die Verdauung.
So ergeben sich für den ärztlichen Osteopathen/die ärztliche Osteopathin ganzheitliche und interdisziplinäre diagnostische Kriterien und Behandlungskonzepte.
Übergreifend einbezogen wird u.a. die funktionelle Zahnheilkunde, die Ernährung, die Qualität unseres Essens, die Mikrobiomforschung mit der Bedeutung körpereigener Bakterien, das Prinzip des Kauens und Verdauens, die vielfältigen Ursachen und Symptome einer CMD.
Und schließlich in der Therapie die Vielfalt osteopathischer Behandlungstechniken.
Es bleibt spannend!
Buchempfehlungen:
Bas Kast “ der Ernährungskompass“.
Dr. A.K. Zschocke “ Natürlich Heilen mit Bakterien“,
Maximilian Ledochowski „Wegweiser Nahrungsmittelintoleranzen“.